„You got to burn to shine!“

29.04.2020 | Kunst

Kollaborationen sind nicht nur ein kreatives Miteinander, um die Begehrlichkeit von Produkten und Marken zu steigern. Immer mehr dienen sie auch einem gemeinsamen kreativen Prozess, der weit mehr als nur reines Marketing ist.

Bisher kannte man Kollaborationen zwischen renommierten Künstlern und großen Modemarken vor allem aus der Gestaltung gemeinsamer Kollektionen, bei denen die Kunst das Produkt der Marke als Projektionsfläche nutzte, um es mit eigener Handschrift zu branden. Gerne provokant und grenzüberschreitend. Immer aber ein Objekt der Begierde, weil es nun weit mehr als eine von Designerhand geschaffene Tasche, nämlich ein avantgardistisches It Piece war, welches seine Träger als trendsetzend qualifiziert. Und damit natürlich auch die Fashionmarke. 

Waren es 2014 noch Rhianna, Sarah Jessica Parker und das Model Jourdan Dunn, die für Fendi vor allem ihren Namen und modisches Stilbewusstsein für das Remake der Fendi Baguette gaben, setze Louis Vuitton einige Jahre später auf Jeff Koons. Schrill-schillernder Bling-Bling-Künstler mit MoMa-Weihen. Heraus kamen Reproduktionen weltbekannter Klassiker von Tizian, Rubens und van Gogh. Auf dem Innenfutter der Taschen sind die Biografie und ein Porträt des Malers gedruckt. Sozusagen die stylishe Variante eines Kunstlexikons.

„We gave a party for the gods“

Das Haus Dior folgte, um die legändere Miss Dior – Lieblingstasche von Lady Di – ein künstlerisches fresh-up zu geben. Denn auch prominente Erfolgsmodelle laufen Gefahr, Staub anzusetzen. Wert wurde diesmal nicht nur auf künstlerische Vielfalt, sondern vor allem auch auf Diversität gelegt. Erreicht werden sollten unterschiedliche Altersgruppen, Nationalitäten und natürlich ästhetische Stilwelten. Der in diesem Jahr verstorbene Pop Art-Künstler John Giorno punktet in alter 60th-Manier, in dem er „You got to burn to shine“ und „We gave a party fort the gods and the gods all came“ auf zwei Taschen verewigte. Kunst und Mode auf der Gestaltungsebene funktioniert schon eine ganze Weile. Künstler haben Designer gelehrt, durchaus ironisch und subversiv mit der eigene Marke umzugehen.

In 2017 schuf der kanadische Künstler Andy Dixon eine Bildserie mit knallbunten Versace-Hemden. Er kreierte eigene Muster, blieb aber in der Designsprache der Marke. In diesem Jahr realisierte er nach dieser Idee sogar eine Skulptur – ein übergroßes grellbuntes Hemd. Es wundert daher nicht, dass in der Folge eine Kooperation zwischen Dixon uns dem italienischen Luxushaus entstand. Die Skulptur wurde anlässlich der Mailänder Design Week im Rahmen der Versace-Home-Collection präsentiert. In der Sommerkollektion 2020 ist Dixon nun auch mit eigenen Pieces vertreten.

Gemeinsamer kreativer Prozess

Was ist passiert? Dominierten Künstler zunächst die Fashionkollektionen mit ihrem Stil und schmückten sich Marken mit der provokanten Handschrift eines Künstlers, findet nun ein eher fließender kreativer Austausch auf Augenhöhe statt. Jeder behält seine gestalterische Identität und etwas gemeinsames Neues entsteht. Im Retail-Design ist seit einiger Zeit ein ähnlicher Prozess zu verfolgen. Wenn auch noch etwas holprig. Plastiken und großformatige Bilder haben Einzug in große Markenstores gehalten, um hier für eine gestalterische Tiefe oder hipper Attitüde zu sorgen. Auch orientieren sich Interieur-Designer gerne an der kühlen Atmosphäre einer Galerie und lassen sie zur Formsprache von Retail-Konzepten werden. Allerdings, ein fließend selbstverständlicher Prozess wie bei den Designkollegen aus der High-Fashion ist es noch nicht geworden. Das Interesse hingegen ist groß. Bleibt abzuwarten, wann auch Künstler die kreative Regie im Storedesign übernehmen. nh

Foto: Versace

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