… Das Startup-Feeling ist vorbei,“ erklärt Bastian Ruther, Head of Retail Sales & Network Strategy. Kreatives Ausprobieren und Hands On-Mentalität der Startphase müssen nach dem Börsengang im Sommer nun auf der ergebnisorientierten Langstrecke bestehen. „Struktur als Basis für Wachstum,“ nennt es Ruther, denn das Tempo ist hoch: 2020 wurden die ersten Fahrzeuge ausgeliefert, jetzt erreichte bereits das dritte Modell Marktreife. Die Flotte wächst und damit steigt der Druck. “Wir sind eine digitale Marke, die Autos werden online verkauft. Natürlich wollen wir unsere Kunden auch physisch treffen. Um die on- und offline Welt nahtlos zu verbinden, haben wir Flächen in der High Street, außerhalb der Stadt sowie in Flughafennähe.“ Der erste Polestar-Standort – Destination genannt – eröffnete am Flughafen Landvetter in Göteborg. Das vom schwedische Architekturbüro Olsson Lyckefors entworfene Gebäude ist ein auf halbrundem gläsernem Sockel ruhender Cube. Das Stockholmer Büro verantwortete bereits die Gestaltung des Headquarters: Getreu der Analogie zum Polar- bzw. Nordstern wurde ein Monolith mit scheinbar transluzenter weißer Außenhaut geschaffen, die sowohl die nahe Umgebung wie Bäume und Sträucher als auch Sternenhimmel und Wolkenformationen so grenzaufweichend spiegelt als löse sich das Gebäude darin auf. Allein das Logo leuchtet scharf umrissen. Die Branding-Strategie ist sauber durchdekliniert, stellt skandinavisches Design-Understatement in den Vordergrund und fußt auf chinesischer Produktionsprofessionalität.
„Den klassischen Polestar-Kunden gibt es nicht.“
„Den klassischen Polestar-Kunden gibt es nicht,“ erklärt Ruther. Early Adopter sei tatsächlich die Generation 50 plus gewesen und nun wolle man sich altermäßig nach unten weiterentwickeln. Auch das lukrative Geschäft mit den Firmenwagen wird angestrebt. Nur wo und wie trifft man die Hipster, Millenniums, Generation Z und wie sie alle heißen, eben diejenigen, die gerne per E-Roller durch die City rauschen, am Wochenende mit dem 9-Euro-Ticket zum Landausflug aufbrechen und den Einkauf mit we share nach Hause befördern? „Mit den Temporary Destinations und Polestar-Spaces gibt es zwei weitere physische Einzelhandelsformate. Die Spaces sind Showrooms in gut frequentierten City-Lagen. Die vorübergehenden Standorte befinden sich eher auf der grünen Wiese.“ Da, wo das klassische Autohaus beheimatet ist. Doch davon setzt man sich schon optisch ab: In Leipzig etwa sind es aufeinander gestapelte Container mit bewusst provisorischem Charme. Natürlich in cleanem Weiß und im Inneren mit goldener Logowand. „Die Container stehen für Nachhaltigkeit. Sie sind gebraucht und können jederzeit ab- und an einem neuen Standort wieder aufgebaut werde,“ erläutert Ruther, der zudem mit passenden Events die Customer Journey für ein doch eher heterogenes Klientel orchestrieren muss. Viele Veranstaltungen und Shuttle Services sind auf eine junge urbane Zielgruppe abgestimmt, sollen die Marke nahbar machen – „die Probefahrten sind sehr beliebt“. Um das Sortiment bedarfsgerecht abzurunden, wird auf Kooperationen gesetzt. Gerade wurde ein Mountainbike aus der Zusammenarbeit mit dem schwedischen Fahrradbauer Allebike präsentiert.
Verkauf mit James-Bond-Moment
Gut 6.000 Polestar-Fahrzeuge sind mittlerweile auf deutschen Straßen unterwegs und für das laufende Jahr ist der Bau von 50.000 Fahrzeugen geplant. Der Service wird durch langfristige Zusammenarbeit mit Kfz-Werkstätten gesichert. „Für die erste Hilfe sind die Fahrzeuge mit einer Call-Funktions-Taste ausgestattet, um eine Ferndiagnose durch den Kundenservice zu ermöglichen.“ Die Volvo-Tochter kann auf ein veritables Netzwerk zugreifen. Das macht den Weg frei, losgelöst von den designerischen Befindlichkeiten selbst zur Marke gewordenen Autohäusern, eine eigene Handelsstrategie aufzusetzen. Die Spaces verfolgen eine reduzierte Formsprache. Auf wohnliches Interior wird verzichtet, Einzelteile wie Felgen und Materialproben sind stilistisch museal präsentiert, großformatige Fotos technischer Details heben sich deutlich von dem lauten Merchandising gängiger Werbemittel der Branche ab.
Die Auslieferungslager heißen Hand-Out-Center, sind klinisch rein und sorgen beim Kunden für James-Bond-Feeling, wenn Q in weißem Kittel die Limousine frisch aus dem Labor ins Heldenleben übergibt. „Ein wichtiger Moment für die Kunden. Hier sehen sie erstmalig das, was online konfiguriert und bezahlt wurde,“ so Rother. Und ganz wie bei 007: Keine Übergabe ohne umfassende Instruktionen.
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