Create the New – Biz Dialogue auf der Euroshop

26.04.2020 | Biz Dialogue

Anlässlich der Euroshop 2020 in Düsseldorf fand der 4. Biz Dialogue von Design Lodge in Partnerschaft mit Vizona, Visplay und Ansorg statt. Eine international besetzte Expertenrunde diskutierte unter der Leitung von Design Lodge Herausgeberin Natalie Häntze Ideen und Herausforderungen für den Handel der Zukunft.

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Gestartet wurde mit dem Impulsvortrag von Sebastian Kemmler von der gleichnamigen Berliner Kreativ-Agentur, die auch das Konzept für den Messestand kreiert hat. Shared Spaces war das Motto der Inszenierung und sollte verdeutlichen, wie sich Erlebniswelten, Produktkategorien und Branchen auf völlig neue und unerwartet Art ineinanderschieben, um so alte Trennlinien aufzulösen und den Raum neu zu gestalten. In der folgenden Gesprächsrunde diskutierten Benoit Marshall (Burberry), Jochen Schmidt (Swarovski), Richard Lems (Rituals), Sigrid Brewka-Steeves (Puma), Johan Fischer (Polestar) und Hannibal Du Mont Schütte (Stayery) die aktuellen Marktentwicklungen. Dabei schlug Moderatorin Natalie Häntze einen Bogen von Handels- zu Hotelwelten und lotete Schwerpunkte wie Onlinehandel, Kooperationen und die Entwicklungen im Luxussegment aus.

Dauerbrenner Kollaborationen

Kollaborationen sind nicht nur seit mehr als einer Dekade das große Ding, um Marken interessanter für die eigene Fanbase und spannender für neue Zielgruppen zu gestalten, sie sind auch ein nicht zu unterschätzender Umsatzbringer. Vorgemacht hat es die Sportindustrie: Der nicht enden wollendende Athleisure-Trend startete mit Kollaborationen zwischen Adidas und Yohji Yamamoto sowie Stella McCartney und ist mit Louis Vuitton und Supreme noch lange nicht zu Ende. Das Londoner Marktforschungsunternehmen Euromonitor rechnet bis 2021 mit einem zusätzlichen Umsatz von 61 Milliarden Dollar. Nicht zuletzt, so Euromonitor, weil Athleisure-Mode „immer mehr vom Trend zum Lifestyle wird, gestützt durch den Konsumentenwunsch, jederzeit zugleich modische und bequeme Kleidung zu tragen.“ Voraussetzung ist aber, dass beide Marken perfekt zueinander passen und Kunden den Nutzen als für sich sehr hoch und innovativ einschätzen. Dann seien sogar Neukunden aus dem Kundenstamm des Kooperationspartner sehr wahrscheinlich, fand eine Studie zum Thema Markenkooperationen des Instituts Splendid Research heraus. Diese Erkenntnis bestätigte auch Sigrid Brewka-Steeves von Puma.

Hotels als Vorreiter für Technologie und Design

Menschen arbeiten immer mehr ortsunabhängig und sind gleichzeitig an vielen Orten zuhause. Dem Hotel-Aufenthalt kommt eine neue Bedeutung zu: „Home Away From Home“. Es wird zu einem Ort, der sowohl temporärer Wohn- wie Arbeitsplatz sein kann. Alleine in Deutschland haben zwischen 2017 und 2019 über 570 neue Hotels eröffnet. Der Gast will eine Arbeitsatmosphäre vorfinden, um professionell agieren zu können. Gleichzeitig gibt es aber auch den Wunsch nach Entschleunigung, Wohlfühlen und Vertrautheit. Ganzheitliches Wohnen ist das Stichwort unter dem neue urbane Konzepte entwickelt werden. Hotels können Vorreiter in Architektur, Technologie und Design werden und damit eine neue Ära prägen, die Einfluss auf die Gestaltung von Wohnräumen und Arbeitsplätzen nimmt. Die Entwicklung geht weg von der reinen Beherbergung und Gästeunterhaltung hin zu einem ganzheitlichen Wohnen. Hannibal DuMont Schütte, Geschäftsführer und Gründer des Microliving-Konzepts Stayery, erklärt die Idee: „Die Ansprüche und Wünsche an urbanes Wohnen haben sich gewandelt. Stayery haben wir entwickelt, indem wir uns fragten, was uns wichtig ist, wenn wir zum Beispiel für Projekte in verschiedenen Städten leben. Erstens wollen wir in modernen Unterkünften wohnen, mit denen wir uns identifizieren können. Zweitens wollen wir sozialen Anschluss haben und drittens die Möglichkeit, auch zu kochen und nicht jede Woche aus einem Hotel ein- und auschecken müssen.“

Die Aura von Luxus

„Luxusmarken investieren stark in Innovation, Design, Technik und Brand-Communication, weil für sie das Innovationsniveau von zentraler Bedeutung ist. Damit soll nicht nur die hohe Qualität sondern auch ihre marktführende Position behauptet und weiter ausgebaut werden,“ heißt es im Jahresbericht 2019 von Walpole, dem Verband der britischen Luxusindustrie. „Die Aura von Luxus hängt mit der Besonderheit des Produktes zusammen und führe zu hoher Begehrlichkeit. Damit sei das Kauferlebnis, ob es nun physisch, digital oder eine Kombination aus beidem, ein integraler Bestandteil des Markenerlebnisses,“ heißt es weiter. Klassische Luxusbrands haben bereits den Weg aus dem Store in die Online-Kanäle gemacht und präsentieren sich mit aufwändigen Digitalstrategien, um die dort anzutreffende Zielgruppe anzusprechen: „Burberry konzentriert sich weiterhin auf die Inspiration der Verbraucher, mit sozialen und digitalen Innovationen und zusätzlichen neuen und überarbeiteten Stores“ fasst Benoit Mareschal zusammen und betont, wie wichtig eine Markenführung für die einzelnen Vertriebskanäle ist: „Wir haben unsere Neugestaltung fortgesetzt und rund 100 Standorte mit unserer neuen kreativen Vision ausgestattet.“

Insbesondere auch Automarken suchen bewusst das Luxus-Umfeld auf der High Street, um ihre Marke in entsprechender Nachbarschaft zu positionieren: “Nachhaltigkeit und Technologie kennzeichnen auch unsere beiden neuen Polestar Spaces in Oslo und Peking, wo minimalistisches Design nahtlos mit digitaler Interaktivität kombiniert wird. Bis Ende 2020 will Polestar in neun Märkten, von LA im Westen bis Shanghai im Osten, präsent sein, darunter auch in sechs Ländern in Europa”, erklärt Johan Fischer von Polestar, der norwegischen Automarke für E-Mobilität. Im aktuellen Stimmungsbaraometer, erstellt von Roland Berger im Auftrag von Meisterkreis, dem deutschen Pendant zu Walpole, gaben über 60 % der befragten Mitgliedsunternehmen an, in die Digitalisierung von Vertrieb und Marketing zu investieren. Nun steht gerade der Luxusbereich vor der Herausforderung, dass ihre Güter von der besonderen Atmosphäre der Inszenierung leben, diese lässt sich aber im digitalen Verkaufsraum deutlich schwerer herstellen. Einen besonderen Ansatz hat in dieser Hinsicht Swarovski gewählt. In Zusammenarbeit mit dem Designbüro Patricia Urquiola wurde das Crystal Studio entwickelt, in dem die digitale und stationäre Welt in einem neuen Erlebnisraum zusammengeführt werden. „Wir wollen das Produkt näher an den Kunden bringen. Offene Präsentation, Anprobieren ohne Hindernisse, das Produkt erleben. Ein weiterer Ansatz ist das Verbinden von Offline und Online zwischen den Consumer touch points, um ohne Hindernisse hin und her zuspringen und damit die Marke interaktiv erleben zu können,“ beschreibt Jochen Schmidt. „So kann im Store z.B. über die Wall of Desire Inhalt auf Social Media geladen werden. Auch unsere Mitarbeiter profitieren vom Zugriff auf Online-Verfügbarkeiten, Bestandsinformationen in den Läden, sowie den Click & Collect Service.“

Handel in Bewegung

In seiner Prognose hat der HDE (Handelsverband Deutschland) ein Umsatzwachstum von 2 % für den Handel errechnet, wobei der deutlich größere Zuwachs für den Onlinehandel zu erwarten ist. In 2018 betrug der Umsatz im stationären Handel 471,4 Mrd.€ mit einer Steigerung von 1,2 % auf 477,0 Mrd.€ für 2019. Der Onlinehandel konnte hingegen eine Steigerung von 9,1 % auf insgesamt 58,5 Mrd.€ aufweisen. Zu dem Ergebnis, dass Digitalisierung für den Einzelhandel weit mehr als nur ein Onlinechanel bedeutet, kommt auch die Studie „Trends im Handel 2025“ von KPMG: “Vielmehr verändert sich zunehmend das ganze Geschäftsmodell als Beziehungsgeflecht zwischen Erzeugern, Lieferanten, Dienstleistern, Händlern und Kunden.“ Dass Online und stationärer Handel sich nicht kannibalisieren, sondern im Gegenteil befruchten können, erläutert Richard Lems, Rituals: “ Ein gut funktionierender Online-Handel zahlt sich auch für unser stationäres Geschäft aus. Sie profitieren stark davon.“ Auch in Krisenzeiten wird weiter gekauft. Trotz der gravierdenden Einschränkungen im öffentlichen Leben durch die Corona-Pandemie kaufen fast Zweidrittel der Befragten vor allem im Segment Bekleidung und Schuhe immer noch im Gleichen Umfang wie bisher. Bereiche wie Health Care oder Baumärkte verzeichen sogar ein Umsatzplus. Dies ergab eine aktuelle Studie von Impact in Zusammenarbeit mit Forsa. Deutlich wird dadurch auch, dass die angemahnten grundsätzlichen Veränderungen im Geschäftsmodell Handel nun notwendigerweise Fahrt aufnehmen. Übrigens: Fast 10% der Befragten beschäftigen sich schon jetzt mit Neuanschaffungen nach der Krise.

Fotos: Steffen Kugler

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