Illustre Gäste in Berlin. Kostbarkeiten aus der Kunstkammer Würth

13.01.2022 | Kunst

Es war diese besondere Welt der Dinge und das Must-have des ausgehenden 16. Jahrhundert. Die Rede ist von sogenannten Kunstkammern – auch Wunderkammern genannt. Der Hype um die ausgefallenen Sammlungen exotischer und origineller Exponate hielt sich sogar von der Spätrenaissance bis ins Barock (17. Jhd.). Das Kunstgewerbemuseum Berlin hat dieser fantastischen Welt nun eine Ausstellung gewidmet.

Aufgereiht in kleinen Fächern, hinter Schranktüren, in Schubladen und Kästen fanden sich Naturalien, Artefakte, Kunsthandwerk aber auch mathematische und chirurgische Instrumente. Neben exotische Dinge aus der Natur wie Elfenbein, Koralle, Perlen und seltenen Vogeleiern gab es Spielautomaten, Astrolabien, Porzellan, Elfenbein- und Alabasterschnitzereien, Miniaturkunst-Drechslerarbeiten, kostbare Steine und Schmuck, verzierte Weinpokale und Prunkhumpen, die, mit einem aufziehbaren Motor versehen, über den Tisch rollen konnten.  Renommierte Fürsten- und Königshöfe, aber auch Bürgerhäuser, Rathäuser und Bibliotheken legten sich umfassende Kunstkammern zu. Sie galten als Statussymbol und Kapitalanlage, demonstrierten Macht und Einfluss.

Politische Symbole und Welterklärer

Nun hatten diese exquisiten Exponate nicht nur repräsentativen Charakter. „Vielmehr galten die Kammern von Anfang an als Speicher von Wissen und verstanden sich als Raum, in dem Erkenntnis generiert werden konnte,“ erläutert Jenny Körber. Sie ist Kuratorin und verantwortet die Ausstellung „Illustre Gäste“ im Kunstmuseum Berlin. „So überraschte der Jesuitenpater Athanasius Kirchner bereits seit 1651 seine Gäste mit individuell abgestimmten Entdeckungs- oder gar Meditationsreisen durch die Sammlung des Jesuitenkollegs.“

Neben ihrem breiten Sammlungsspektrum unterschiedlichster Herkunft illustrierten die europäischen Kunstkammern den gesamten Kosmos. Dienten sie dem privaten Vergnügen und dem Wunsch nach Kontemplation, ließen sich ihre privilegierten Sammler aber auch von materiellen und politischen Interessen leiten. So will der Titel „Illustre Gäste“ auch auf das Potenzial der Objekte anspielen, Welten zu erklären und zu illustrieren. Eine über die gedeckte Tafel fahrende silberne Jagdgöttin Diana auf einem mit Edelsteinen und Aufziehvorrichtung versehenen Hirsch regte unverfänglich zu Gesprächen und verdeckten Botschaften an. Genauso dienten Geschenke aus den Wunderkammern höchster Symbolik, wo Worte nicht möglich waren. Besagter Jesuitenpater schenkte der Fürstin Christina von Schweden einen schlichten Obelisk mit einer Inschrift, mit der sie zur Königin Isis geweiht wurde. Kurz zuvor war Christina dem Katholizismus beigetreten. Sie mit einer Göttin gleich zu setzen, um Ehrerbietung mit politischen Interessen zu verbinden, schien an solchen Orten kein Widerspruch, war gar nur dort möglich. Im 18. Jahrhundert wurden die Kunstkammern aufgelöst und gingen in monothematischen Sammlungen auf. Von den verstreuten Objekten trug der Unternehmer Reinhold Würth im Laufe der Jahre eine erhebliche Anzahl zusammen. Die Ausstellung „Illustre Gäste“ mit rund 70 Exponaten ist durch ihre großzügige Präsentation vor monochrom farbigen Fotowänden mit Detailvergrößerungen visuell zudem sehr gelungen. (red.)

Illustre Gäste. Kostbarkeiten aus der Kunstkammer Würth
im Kunstgewerbemuseum Berlin, Matthäikirchplatz bis zum 10.Juli 2022

Fotos:
Staatliche Museen zu Berlin/ Fotos: David Becker (3)
König Salomon und die Königin von Saba, Öl auf Kupfer, v. Adraen van Stalbemt, Sammlung Würth
Großer Bernsteinaltar, Georg Kriebel, Sammlung Würth/Foto: Phillip Schönborn

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